Der Gelbe Ball

aufgefangen von:
Bernhard Mones

Datum: Februar 2017

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Folge 13:

Bernhard Mones ist in Köln, im Rheinland geboren und aufgewachsen.  Er ist gelernter Sozialpädagoge, verheiratet, Vater von 2 Kindern und lebt heute mit seiner Familie in Potsdam. Bereits Ende der 80iger Jahre kam er nach Berlin/ Brandenburg und begann hier seine berufliche Laufbahn in der Jugendsozialarbeit. Vorher absolvierte er sein praktisches Anerkennungsjahr in der Jugendbildungsarbeit, in Polen, in einer KZ- Gedenkstätte. „Diese Zeit hat mich für meine weitere Arbeit sehr geprägt“, erzählt Bernhard Mones.  

Nach 4 jähriger Tätigkeit im Jugendverband (Bund der Deutschen Katholischen Jugend) war Bernhard Mones fast 20 Jahre beim Landesjugendring Brandenburg e.V. ( LJR) als Geschäftsführer tätig. Der Landesjugendring ist die Arbeitsgemeinschaft der landesweit tätigen Jugendverbände. Von hier aus hatte Bernhard Mones verschiedene Funktionen in Gremien, die sich mit der Kinder- und Jugendhilfe befassen, mit ihren Strukturen, aber auch mit der praktischen Arbeit vor Ort, insbesondere der Jugendverbandsarbeit. Bis Ende September 2016 war Bernhard Mones zudem Vorsitzender des Landes- Kinder – und Jugendausschuss (LKJA). In dieser Aufgabe engagierte er sich besonders für die Umsetzung der  §§ 79 und 8a SGB VIII im Kinderschutz.

Seit 01.Oktober 2016 hat Bernhard Mones eine neue verantwortungsvolle Aufgabe übernommen. Er ist Caritasdirektor im Caritasverband der Diözese Görlitz e.V.. Wir wünschen ihm viel Erfolg für diese neue Tätigkeit. Wir danken Bernhard Mones für seine gute Arbeit und sein Engagement in der Kinder -und Jugendhilfe und freuen uns, dass  er uns noch als Vorsitzender des Landes- Kinder – und Jugendausschuss ein Interview zum Kinderschutz im Land Brandenburg gab.

 

Herr Mones, Sie bekamen den Ball zugespielt von Günther Baaske (Minister für Bildung, Jugend und Sport im Land Brandenburg), der Ihre Arbeit als Vorsitzender des Landes- Kinder – und Jugendausschuss (LKJA) sehr schätzt. Er möchte wissen, worin Sie die wichtigen Hauptaufgaben für die Zukunft im Kinderschutz sehen?

Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass wir uns zum einen inhaltlich stark machen, für die Kinder und Jugendlichen die benachteiligt sind und uns um diese Kinder, die am Rande stehen, wirklich bemühen. Insbesondere denke ich hier an die Kinder- und Jugendarmut, die im Land Brandenburg ein großes Thema ist. Als zweites möchte ich dazu ein strukturelles Anliegen benennen. Die Jugendhilfe ist ja auf verschiedenen Ebenen verortet, das heißt der Bund hat bestimmte Zuständigkeiten, die Länder haben Kompetenzen, doch das wichtigste passiert auf der kommunalen Ebene, in den Landkreisen und kreisfreien Städten. In diesem Zusammenhang sehe ich eine Hauptaufgabe vor allem darin, dass wir es immer wieder schaffen, die Fachlichkeit in den Vordergrund zu stellen und uns weniger in Finanzstrukturen und Zuständigkeitsfragen verlieren. Dieses braucht eine Diskussionsplattform, in der wir uns als Landes- Kinder- und Jugendausschuss darum bemühen, was für Kinder und Jugendliche das Beste ist. Das Konnexitätsprinzip wirkt hier manchmal hinderlich. Wer eine gute inhaltliche Idee hat und diese umsetzen möchte (Land oder Kommune), muss sie auch bezahlen. Das führt schnell dazu, dass sich finanzielle vor fachliche Fragen stellen. Eine Aufgabe des LKJA ist es, die Fachlichkeit und die Bedürfnisse und Belange der Kinder und Jugendlichen immer wieder in den Vordergrund zu stellen.
Eine weitere wichtige Sache ist die SGB VIII Novellierung. Bezüglich der §§ 45 ff SGB VIII, der Heimaufsicht und Änderung der Betriebserlaubnisverfahren, Darüber haben wir auch im LKJA gesprochen. Entscheidend ist natürlich, was das Ministerium in die parlamentarische Beratung gibt.
Was ich aber schon einmal bedauern kann, ist, dass die § 45 Reform nicht so weit gegangen ist, dass es eine Trennung zwischen der Erteilung einer Betriebserlaubnis der stationären Hilfen und der Kindertagesstätten gibt. Das führt dazu, dass es nach wie vor eine Unschärfe gibt, bei den internen Regelungen der Betriebserlaubnis-Erteilung.

 

Worin sehen Sie noch ein wichtiges Thema oder eine Entwicklung im Kinderschutz?

Der Kinderschutz hat zwei prägende Grundrichtungen. Das eine ist die kluge Intervention, wenn das Kindeswohl gefährdet ist oder ein Verdachtsmoment vorliegt, in diesem Fall muss entsprechend gehandelt werden.  Das andere ist die mindestens genauso kluge Präventionsarbeit, die schon viel früher ansetzt.  Auf dieser Ebene sind neben den Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe auch Ärzte, Hebammen, Ehrenamtliche und alle im KKG (Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz) genannten Berufsgruppen in die Netzwerke mit einzubinden. Ich denke, dass wir für eine systematisch gute Präventionsarbeit noch viel Potential haben und diese sowohl von den Jugendämtern als auch von der Trägerlandschaft mitgestaltet werden muss. Die Netzwerke können noch viel mehr ausgebaut werden. Hier sehe ich insgesamt strukturelle Defizite. Die gesetzlichen Vorgaben  in den 18 Landkreisen und kreisfreien Städten in Brandenburg werden sehr unterschiedlich umgesetzt, auf Grund verschiedener Situationen in den Landkreisen, was ich sehr schade finde. Denn somit werden viele wertvolle Synergiemöglichkeiten verschenkt. Ich halte es deshalb für wichtig, das wir stärker zu mehr Einigkeit kommen, wie in den Landkreisen mit den gesetzlichen Änderungen umgegangen wird, bezogen auf fachliche Grundlinien. Gerade im Kinderschutz ist es von Bedeutung, die Synergien, Ressourcen und Erfahrungen, zusammenzutragen und landesweit nutzbar zu machen. Da würde ich mir mehr Offenheit in der Zusammenarbeit zwischen den Ebenen wünschen.

 

Welche Schlüsse ziehen Sie daraus? Was können Sie selbst für einen besseren Kinderschutz dazu beitragen?

Also, meine Möglichkeiten, mich für den präventiven Kinderschutz einzusetzen, sehe ich vor allem in meiner Arbeit beim Landesjugendring e.V.. Hier arbeitete ich eng mit den Jugendverbänden zusammen, die einen wichtigen Beitrag zur Stärkung von Kindern-und Jugendlichen beitragen. Durch Fortbildungen, Gespräche, Publikationen werden die Jugendleiter und auch ehrenamtlichen Mitarbeiter für das Thema Kinderschutz sensibilisiert und ausgebildet. Hier kann man schon viel tun, wie z.B. den sexuellen Missbrauch zu enttabuisieren und die Wahrnehmung der Mitarbeiter dafür zu schärfen. Denn leider passiert es noch viel zu häufig, dass potentielle Täter ein geeignetes Betätigungsfeld auch in der Kinder-und Jugendhilfe finden und ihre Machtstellung dafür nutzen, ihre Interessen zu verfolgen. Durch Beratungs- und Fortbildungsangebote, der Erarbeitung von  fachlichen Standards und Ansprechpersonen konnte hier bereits viel zum Schutz der Kinder und Jugendlichen beigetragen werden und das soll auch für die Zukunft wach gehalten werden.

In meiner Aufgabe als Vorsitzender des LKJA wirke ich mehr auf der strukturellen Ebene mit, insbesondere in Bezug auf die Änderungen im SGB VIII, mit dem gleichen Ziel, das Thema im Blick zu haben, Verbesserungen umzusetzen und landesweit am Leben erhalten.

 

Wie schätzen Sie die aktuelle Situation für die Flüchtlingskinder ein? Wie kann diesen Kindern  Unterstützung gewährleistet werden?

Für die neu angekommenen Flüchtlinge, insbesondere den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, gibt es das Konzept der Clearingstellen. In diesen Einrichtungen bekommen die Kinder und Jugendlichen neben einer materiellen, gesundheitlichen  und sozialen Grundversorgung auch psychologische Unterstützung, um erst einmal herauszufinden, wie es den Kindern geht, was sie erlebt haben und was die Kinder und Jugendlichen an Unterstützung brauchen. Ich sehe darin eine wichtige Voraussetzung, für die Integration der Kinder und Jugendlichen. Es ist wichtig, dass nicht nur auf die Betreuungs- und Verpflegungssituation der Kinder geachtet wird, sondern zu schauen, dass sie wirklich in der Gemeinde ankommen. Es ist Aufgabe der Jugendhilfe, der Jugendarbeit, des Jugendsports und der Gemeinden, die Integration zu begleiten und zu ermöglichen. Flüchtlingskinder haben grundsätzlich die gleichen Rechte wie die Kinder, die in Deutschland aufgewachsen sind.

 

Und wie kann den Flüchtlingskindern der Zugang zu den genannten Angeboten und Unterstützungsmaßnahmen auch gewährleistet werden?

Es ist wichtig, dass die Standards in der Kinder- und Jugendhilfe für die Unterbringung und Versorgung auch für Flüchtlingskinder unter 18 Jahren beibehalten werden. Auch hier besteht die Gefahr, dass die Finanzierungsfragen schnell in den Vordergrund rücken, da die Erstattung durch Bund und Land nie kostendeckend sind und die Finanzierung somit eine zusätzliche Herausforderung für die Kommunen darstellt. Die Frage nach den Kosten darf deshalb auch nicht abgewehrt werden, sondern es muss nach dynamischen, flexiblen Lösungen gesucht werden. Aber ganz klar hat es höchste Priorität, dass die geflüchteten Kinder und Jugendlichen die gleichen Bedürfnisse, die gleichen Bedarfe und die gleichen Berechtigungen haben, wie andere Kinder auch. Eine Diskussion über Kosten darf nicht zur Ungleichbehandlung von Kindern führen.

 

Herr  Mones, gibt es ein besonderes Ereignis in Ihrer Arbeit, an welches Sie sich gern zurück erinnern?

Ja, da kann man mit 56 Jahren so einige nennen, schwer zu entscheiden…aber gut.

Wie ich schon zu Anfang erwähnte, habe ich mein Anerkennungsjahr als Sozialpädagoge (was es heute so gar nicht mehr gibt), nicht im klassischen Jugendhilfebereich absolviert, sondern bin für 1,5 Jahre nach Polen gegangen. Aus westdeutscher Sicht, wo ich ja her kam, weit hinter dem Eisernen Vorhang. 1988, also in sozialistischen Zeiten, habe ich dort Jugendbildungsarbeit in einer KZ Gedenkstätte gemacht. Vorrangig habe ich Jugendgruppen aus Westdeutschland betreut. Es war mir ein wichtiges Anliegen, dass junge Menschen sich mit der NS Zeit auseinander setzen. Dafür werbe ich bis heute noch in der Jugendbildungsarbeit. Wir müssen uns bewusst sein, welche Geschichte wir mit uns tragen. Zu dieser Zeit habe ich gleich zwei Wenden erlebt, die 1988/89 in Polen und danach in Deutschland. Die deutsch- polnische Beziehung hat mich sehr positiv geprägt So habe ich in Polen zu dieser damaligen Zeit auch meine Frau kennen gelernt, mit der ich bis heute noch gut verheiratet bin.

 

Was sind Ihre Visionen in Bezug auf den Kinderschutz und Ihrer Arbeit?

Ich wünsche mir, dass wir, alle die professionell, ob direkt oder indirekt, mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, den Fokus nicht verlieren. Es ist nicht selbstverständlich, dass Kinder behütet aufwachsen, also auch den Raum bekommen, dass sie zu gesunden, selbstbewussten und starken Persönlichkeiten heranwachsen. Ich wünsche mir, dass wir den Fokus nicht verlieren und die Kinder, und zwar von Geburt an, mit ihren Rechten und Bedürfnissen im Blick behalten. Das wir die Kinder stark machen, das sie selbst erkennen, was für sie gut ist, das sie lernen im richtigen Moment ja oder nein zu sagen. Dafür müssen wir uns einsetzen.

 

Nächste Folge

 

Bernd Mones spielt den Ball weiter an Cornelia Scheplitz, Abteilungsleiterin Abteilung Jugend, Familie, soziale Dienste in Frankfurt /Oder. Er schätzt sie als wache und sehr konstruktive Fachkraft in der Jugendhilfelandschaft im Land Brandenburg. Zwischen Land und Kommunen müssen immer wieder konstruktive Wege gefunden werden, um die Fachlichkeit voranzutreiben.

Bernd Mones möchte von Frau Scheplitz wissen:

Wie schätzen Sie die aktuelle Situation zwischen Kommunen und Land ein? An welchen Stellen müssen die Kommunen selbst vorankommen und welche Erwartungen haben sie an Begleitung durch das Land.

 

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Interview:
Jeanette Schmieder, Start gGmbH

Foto:
Eugen Bode, bodegrafie

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